21. Jänner 2021

Der Einfluss von Home-Office auf die Trinkwasserhygiene in den Bürogebäuden

 

   

Durch den Lockdown als Maßnahme gegen die weitere Verbreitung des Corona-Virus im März 2020 wurde beinahe über Nacht in vielen Betrieben Home-Office eingeführt. Sowohl bei Arbeitgebern als auch bei Arbeitnehmern war anfangs ein Lernprozess erforderlich, um mit den Herausforderungen und Nachteilen umzugehen. Abgesehen von produzierenden Betrieben und Arbeitsplätzen mit Kundenkontakt hat Home-Office für beide Seiten auch zahlreiche Vorteile und sich so inzwischen als neuer Standard etabliert.

Arbeitnehmer sparen sich weite Wege und können ihrer Tätigkeit zu jeder Zeit und an jedem Ort nachgehen. Diese Vision kann mit Home-Office durchaus Realität werden. Der Entfall der Fahrzeiten steigert zudem die Work-Life-Balance und wirkt sich so positiv auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter aus. Arbeitgeber wiederum können auf diese Weise auf Mitarbeiter zurückgreifen, denen das Pendeln aus Gründen der Entfernung oder anderen Verpflichtungen nicht möglich ist. Massenerkrankungen durch Ansteckung in überfüllten Großraumbüros oder durch verdorbene Gemeinschaftsverpflegung sind ebenfalls ausgeschlossen. Dies reduziert die Wahrscheinlichkeit eines zeitgleichen Ausfalls eines größeren Mitarbeiterkreises signifikant. Nicht zuletzt können die verfügbaren Büroflächen reduziert und so mitunter die betrieblichen Aufwendungen erheblich gesenkt werden. Auch wenn Home-Office die Präsenz-Arbeit in den meisten Fällen nicht zur Gänze ersetzen kann, so kann mit modernen Kommunikationstechnologien zumindest ein erheblicher Teil der Arbeitsaufgaben, Besprechungen und Konferenzen von zuhause erledigt werden.

Als Folge davon sind zahlreiche Bürogebäude mit deutlich weniger Mitarbeitern belegt als üblich. Dies erleichtert zwar Social-Distancing, kann jedoch auch zu gefährlichen Auswirkungen in den Trinkwasser-Installationen führen. Durch die eingeschränkte Nutzung und Entnahme steht das Wasser längere Zeit in den Leitungen. Die Folge: Das Kaltwasser und nicht zirkulierende Bereiche im Warmwasser-Verteilsystem nehmen die Umgebungstemperatur an. Diesen Effekt kann auch die beste Dämmung nicht verhindern, sondern nur zeitlich um einige Stunden verzögern. Bei Nutzungsunterbrechungen von mehreren Tagen hat die Dämmung keinen relevanten Einfluss auf das Temperaturverhalten in den stagnierenden Leitungen. Wie für die meisten anderen Lebensmittel auch gilt für Wasser, dass es entweder kühl gehalten oder ausreichend erhitzt werden muss, um es gefahrlos lagern zu können. Dies entspricht dem Kühlen oder Garen in der Küche, um die Lebensmittel genusstauglich zu halten. Gerade im Temperaturbereich von 25 bis 45 °C sind die Wachstumsbedingungen für viele Mikroorganismen besonders gut, entsprechend hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Wasser in den nicht genutzten Leitungen verdirbt und so zu einem Gesundheitsrisiko wird.

Auswertung von Legionellenproben im Abhängigkeit von der Temperatur

Dieses Diagramm zeigt das Ergebnis einer Auswertung der TU-Dresden von über 80.000 Legionellenproben in Abhängigkeit von der Temperatur. Klar zu sehen ist der Peak bei etwa 37 °C.


Bei Bestandsgebäuden ist das Engagement der Betreiber gefordert, denn bei reduziertem Betrieb sind Spülmaßnahmen zu setzen, um das Stagnationswasser regelmäßig auszutauschen und durch frisches Kaltwasser das Temperaturniveau in den Leitungen wiederherzustellen. Idealerweise erfolgt dies durch tägliches Spülen der Entnahmestellen an den Strangenden in Kaltwasserstellung, bis kaltes Wasser mit möglichst weniger als 20 °C aus der Armatur fließt, sowie Spülen aller Entnahmestellen nach spätestens 72 Stunden in Mischwasserstellung. Bei Maßnahmen zum Social-Distancing sollten die Sanitäranlagen im Rhythmus von maximal einer Woche alternierend gesperrt werden, um zu verhindern, dass ein Teil längere Zeit überhaupt nicht genutzt wird. Die Spülungen können manuell durch Reinigungskräfte, Haustechniker oder anderes Personal durchgeführt werden. Die sicherste Lösung sind allerdings automatische Spülsysteme am Point-of-Use, die ohne Zutun den vollständigen Austausch des Stagnationswassers sicherstellen.

Die Fachplaner wiederum sind sowohl bei Umbaumaßnahmen als auch bei Neubauten gefordert, auf die geänderten Nutzungsverhältnisse so weit wie möglich Rücksicht zu nehmen. Trinkwasser muss an jeder Entnahmearmatur im Gebäude in bester Qualität, gewünschter Temperatur und ausreichender Menge zur Verfügung stehen. Gleichzeitig sollen die Installations- und Betriebskosten niedrig und sicher kalkulierbar sein. Die Herausforderung besteht darin, eine optimale Wahl der Installationsarten und Leitungsführung passend zum tatsächlichen Nutzungsverhalten zu finden. Werden Armaturen ausreichend genützt, so werden durch Reihen-Installation (Durchschleif-Installation) oder Ring-Installation ohne zusätzlichen hygienischen Nutzen die Installationskosten, aber auch der Wasserinhalt erhöht. Sich nur auf eine Installationsart zu beschränken, ist daher oft nicht die optimale Lösung. So kann beispielsweise die T-Stück-Installation an selten genutzten Armaturen mit der Reihen- oder der Ring-Installation kombiniert werden, um sicherzustellen, dass diese auch bei Zapfvorgängen von häufiger genutzten Entnahmearmaturen ausreichend durchströmt werden.

 

Die wesentlichen Faktoren für den Erhalt der Trinkwasserqualität in Gebäuden


Fazit: Home-Office war kein kurzfristiger Trend – ganz im Gegenteil – es hat sich etabliert. Die Auswirkungen auf die Nutzung der Bürogebäude und deren Infrastruktur sind gravierend und können die Betriebsstätten zu wahren Hotspots mit mikrobiell belasteten Hausinstallationen werden lassen. Dies zu verhindern verlangt couragiertes Gegensteuern durch die Betreiber. Bei Um- und Neubauten sind die Fachplaner gefordert, das geänderte Nutzungsverhalten zu berücksichtigen und mitunter neue Wege zu beschreiten.

 

Autor
Martin Taschl

Martin Taschl

Generalsekretär

FORUM Wasserhygiene

 

   

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